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Die heimatgeschichtliche Sammlung der Gemeinde Bodelshausen

Sonderausstellung 2024/2025

Industrielle Entwicklung von Bodelshausen seit 1869

Unser Bodelshausen ist heute eine namhafte Gemeinde mit einer starken Wirtschaft und dadurch weit über seine Ortsgrenzen hinaus bekannt.

Das war nicht immer so…

Noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts war Bodelshausen eine arme, landwirtschaftlich geprägte Gemeinde die sich, angrenzend an das preußisch dominierte Hohenzollern und für die damalige Zeit weit entfernt von den Städten Tübingen und Reutlingen ihr Dasein fristete.

Arbeitsplätze gab es im Ort damals nicht viele, außer denen in der Landwirtschaft und in den ortsansässigen Handwerksbetrieben. Und die waren praktisch alle familiengeführt und boten höchstens Aushilfsarbeitsplätze z.B. während der Erntezeiten an.

Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, waren viele Einwohner gezwungen, außerhalb der Gemeinde nach Arbeit zu suchen, was sicherlich nicht einfach war. Autos gab es noch nicht, auch Fahrräder waren zu der Zeit gerade erst erfunden worden und für die meisten unerschwinglich. Also mussten Arbeitsstätten gesucht werden, die zu Fuß erreichbar waren.

Das änderte sich, als im Jahr 1869 die Bahnstation Bodelshausen eröffnet wurde. Ab da war es möglich, auch Arbeitsplätze außerhalb Bodelshausens besser zu erreichen. Aber der wesentlich wichtigere Aspekt ergab sich, dass mit der Bahnstation auch ein Güterumschlagplatz zur Verfügung stand.

Von da an ging es stetig aufwärts.

Portrait von Georg Möbus von 1907

Eine der ersten namhaften Firmen war 1888 die ‚mechanische Buntweberei‘ des Georg Möbus, die sich in Bodelshausen ansiedelte. Möbus beschäftige damals etwa 100 Personen im Werk und darüber hinaus bis zu 150 Heimarbeiterinnen.

Weitere Betriebe folgten.

Die Industrialisierung verändert das Leben der Menschen und das Ortsbild massiv. Die Bevölkerung steigt und es kommt zu einer regen Bautätigkeit. Die Zahl der Wohngebäude steigt von 260 im Jahr 1864 auf 326 im Jahr 1908. Ein sehr wichtiges Anliegen der Gemeinde ist es, weitere Betriebe für eine Ansiedelung in Bodelshausen zu gewinnen. Denn es gibt 1910 insgesamt 188 Auspendler, denen nur 1 Einpendler gegenübersteht und bis 1925 erhöht sich die Auspendlerzahl auf gar 275. Diesen Auspendlern in Bodelshausen einen Arbeitsplatz zu bieten, wie auch langfristig ein höheres Gewerbesteueraufkommen zu erzielen, dürfte deshalb ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass die Gemeinde in den Jahren 1913 und 1925 in vielen Tageszeitungen um die Ansiedlung von Unternehmen in Bodelshausen warb.

Aufmerksam geworden durch die Anwerbeinserate der Gemeinde verlegt Johannes Maute seine Firma „Joh. Maute zur Brücke“ im Jahr 1926 von Albstadt nach Bodelshausen, wo sie sich stetig weiterentwickelte.

Neben den erwähnten Firmen Möbus und Maute, die eine Vorreiterrolle bei der Industrialisierung von Bodelshausen inne hatten, trug Johannes Fauser mit seinem Sägereibetrieb und später mit seinem Zement- und Bausteinwerk zur Diversifizierung und weiteren Entwicklung von Bodelshausen bei. Mit seinem Steinhauerbetrieb gründete Fritz Pfeifer 1934 einen weiteren wichtigen Gewerbebetrieb. Fast zeitglich beginnt Georg Fauser 1933 in seinem Wohnhaus eine Textilfertigung. Auch das heutige Gebäude der Heisa hatte seinen Ursprung als Textilbetrieb und wurde 1935 von Johannes Schlotterer gegründet. Die ursprüngliche Firma Möbus war schon länger von Eugen Gehring übernommen worden und stand 1937 mit seinen bis zu 250 Beschäftigten vor einem weiteren Generationswechsel in der Geschäftsleitung. 

Ein erster Einblick in die Sonderausstellung der Heisa

Während des Zweiten Weltkrieges (1939 – 1945) kommt die Produktion in fast allen Betrieben zum Erliegen, weil Männer zum Kriegsdienst eingezogen oder aber luftkriegsgefährdete Rüstungsbetriebe in die zwangsgeräumten Fabrikräume eingewiesen werden. In der sich anschließenden Besatzungszeit (1945 – 1948) werden viele Fabriken von der französischen Besatzungsmacht zwangsbelegt und fast vollständig demontiert. Mit der Währungsreform 1948 beginnt ein jahrzehntelanger Gründungsboom, der Bodelshausen an die Spitze der Wirtschaftsrangliste im Landkreis führt. Die Textilindustrie als Leitsektor und Hauptträger der wirtschaftlichen Entwicklung hebt sich durch ihre führende Rolle von anderen Branchen im Ort ab.

Schaufenster in die Industrielandschaft von Bodelshausen

In der Nachkriegszeit starten viele Firmen durch. Albert Schlotterer gründet sein Werk für die Herstellung von Rollladen, Jalousien und Klappläden. Georg Buck gründet ein Fuhrunternehmen und zusammen mit Richard Schlotterer 1950 einen weiteren Textilbetrieb.

Den Grundstein für die heute angesehene und bekannte Firma Speidel legt Hans Speidel, der bei Johannes Maute das Trikotweben erlernte, ab 1952 in seinem Wohnhaus mit der Herstellung von Textil-Konfektionswaren. Albert Nill hingegen, der bei Gehring eine kaufmännische Lehre absolvierte und danach bei Maute und Fauser tätig war, gründet 1953 einen Betrieb für die Herstellung von Damenwäsche, T-Shirts und Pullovern. 1954 folgt Karl Rieker mit einer Lohnstrickerei die er in den Folgejahren europaweit ausbaut.

Abseits der Textilindustrie finden in den 50er und 60er Jahren weitere Betriebe ihren Anfang, die sich bis heute zu bekannten Namen in ihren Branchen entwickeln. 1957 beginnt Gerhard Ott mit einer alten, ausgemusterten Zahnradwälzfräsmaschine die Zahnradfertigung. 1959 gründet Glasermeister Willy Ruoff seine Holzfensterfirma als Einmannunternehmen.

Mit Joma-Plastik gründet Hans Maute, der Sohn von Johannes Maute, 1960 eine Kunststoffspritzerei. 1961 startet Eugen Jaudas in einer Garage an seinem Wohnhaus ebenfalls mit einer Spritzgussmaschine. 1964 kommt mit der Walter Gutbrod KG ein weiterer Fensterbaubetrieb hinzu. Auch die Firma Jung-Leuchten wurde in den 50er Jahren in Stuttgart gegründet. 1966 verlagerte Hermann Jung seinen Betrieb nach Bodelshausen.

Im Jahr 1970 beginnt Karl Schüssler im neu erstellten Fabrikgebäude in der Bahnhofstraße mit der Fertigung von Präzisions-Spannwerkzeugen. 1973 entsteht aus einer von Hort Baeck gegründeten Handelsvertretung die ‚Hoba Industrie-GmbH‘.

Und ein junger Helmut Schlotterer, der 1973 gerade sein Studium absolviert hatte, hatte die Vision von einer internationalen Modemarke – die Wurzeln von MarcCain. Heute ein in der Damenmode international bekannter und geschätzter Name, der darüber hinaus einen wesentlichen Anteil daran trägt, dass Bodelshausen auch über die Grenzen Europas hinaus bekannt wurde.

Ab den 1970er Jahren setzt weltweit ein Trend zur Globalisierung ein. Unaufhaltsam verändern sich in den folgenden Jahren die wirtschaftlichen Strukturen, zunächst vor allem in der Textilindustrie. Vor diesem Hintergrund haben auch Bodelshäuser Betriebe erhebliche Probleme. Als kommunalpolitisches Ziel beabsichtigt die Gemeinde in verstärktem Maße den schon in den 1960er-Jahren eingeleiteten Strukturwandel durch die Ansiedlung alternativer Branchen zu intensivieren.

So finden im Verlauf der 1970er und der darauffolgenden Jahre immer mehr Firmen aus dem Maschinenbau in Bodelshausen ihre wirtschaftliche Heimat.

 Der angestrebte Strukturwandel der örtlichen Industrie schreitet unaufhaltsam voran. Neben drei noch verbliebenen Textilunternehmen ist durch andere Unternehmenszweige ein krisensicherer wirtschaftlicher Branchenmix entstanden. 

 1975 beginnt Werner Eberhardt unter der Firmenbezeichnung ABDW in der Bahnhofstraße mit der Produktion von Maschinen-Werkzeugen. Karl Schlaich beginnt 1981 mit der Produktion von Mühlen, Maschinen und Sonderanlagen in der Erlenbrunnenstraße.

 Im gleichen Jahr, nach seiner Meisterprüfung gründet Alfred Steinhilber in der Pflaumengasse einen Elektroinstallationsbetrieb. 1984 tritt dessen Bruder Helmut Steinhilber in den Betrieb ein und es entsteht die „Stebo Steinhilber GmbH“, welche den Installationsbetrieb um die Bereiche Elektrotechnik und Handhabungstechnik erweitert.

 Die Nürnberger Firmengruppe Wiegel kauft in den 1990er-Jahren die Verzinkerei Schneider in Tübingen. 1995 wird mit dem in der Bodelshäuser Höfelstraße entstandenen Neubau eine der modernsten und leistungsstärksten Feuerverzinkereien Deutschlands in Betrieb genommen.

 Die Bevölkerung hat sich gegenüber den beginnenden 1960er-Jahren um mehr als 125 % auf jetzt ca. 5.600 Einwohner*innen Mitte der 1990er-Jahre gesteigert. Dank der gleichzeitig gestiegenen Steuereinnahmen, vorwiegend im Bereich der Gewerbesteuer können zunehmend infrastrukturelle Maßnahmen wie z.B. der Bau des „Forums“ mit Bücherei, Veranstaltungsbereich, Jugendraum und Sozialstation, sowie der Neubau der Krebsbachhalle oder die Erweiterung des Schulgebäudes und andere wichtige Vorhaben umgesetzt werden.

 In den 1990er Jahren gibt es einige Umbrüche. Die Parkett- und Rolladenfabrik von Willy Schlotterer wird von dem schwedischen Unternehmen Gustaf Kähr übernommen, die Firma PPG tritt 1999 die Nachfolge der Fa. Hoba an. Die bereits 1880 in Tübingen gegründete Firma Edmund Bühler verlegt ihren Sitz 1990 vorübergehend in das Gebäude der ehemaligen Firmen Möbus / Gehring, verlässt 2001 das Gebäude, verlegt den Firmensitz nach Hechingen und schafft damit Platz für die Errichtung eines Vollsortimentermarktes in Erweiterung der Ortskernsanierung. 2018 verlegt das Unternehmen seinen Firmensitz wieder zurück nach Bodelshausen in einen Neubau an der Schindäckerstraße.

 Und die Entwicklung von Bodelshausen schreitet voran. In den letzten Jahren wurden neue Gewerbegebiete erschlossen oder erweitert. Etablierte Firmen erweiterten ihre Produktionsflächen, neue Firmen kamen hinzu.

 Und alles begann vor rund 150 Jahren mit der Eisenbahn – die damals übrigens sehr kritisch beäugt worden war. Bei uns in der Heisa erfahren Sie mehr darüber – und über die wirtschaftliche Entwicklung unserer Gemeinde Bodelshausen…

 Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

 Das Team der Heisa